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Sauerteig ansetzen mit oder ohne Hermann

Wer wie ich ein paar Jahre auf dem Buckel hat, kennt bestimmt noch "Hermann" den Sauerteig. Fast spirituell fanden Teigübergaben statt um "Hermann" am Leben zu halten. Was es damit auf sich hatte ist doch sehr interessant.
Sauerteig ansetzen

Sauerteig ansetzen

Hermann

Wer "Hermann" bekommen hatte, erhielt auch den Herman-Brief mit klaren Anweisungen wie mit dem Teig zu verfahren ist. Das beinhaltete sowohl die Pflege des Teigs, als auch die Art, wie er zu verwenden ist.
Hermann war ein Sauerteigansatz der im Freundeskreis weitergegeben wurde. Die Mischung aus Milchsäurebakterien, Hefen und der ganzen Bakterienflora war zu Beginn perfekt sortiert. Im Zuge der vielen Hände durch die Herman ging, änderte sich auch seine Zusammensetzung etwas. So dass er sich irgendwann nicht mehr sehr von anderen Sauerteigansätzen unterschied.
Zudem war die Weitergabe von Hermann eine der Frühformen der sozialen Medienlandschaft mit Kommunikation und gemeinschaftlichen Aktionen. Man könnte sagen Facebook löste Hermann ab.

Hin und wieder findet man Rezepte zu Herman-Kuchen oder Hermann-Teig. Das geht natürlich nicht autark, sondern das ist dann schlicht ein neuer Sauerteig. Die Bakterienmischung des Originals lässt sich so einfach nicht zusammenstellen. Wer im Internet sucht, findet bestimmt noch eine Fangemeinde die den Teig weitergeführt hat.

Wie komme ich zu Sauerteig?

100g lauwarmes Wasser + 100g Mehl zu Teig vermengen, abgedeckt 12 Stunden stehen lassen, massieren und schlagen bis er Blasen wirft und wieder 12 Stunden stehen lassen.
Fütterungsprozess:
Weitere 100g Wasser und 100g Mehl in den Teig einarbeiten und 24 Stunden an einem warmen Plätzchen stehen lassen.
Und nochmals nach Bedarf Teig und Wasser in gleicher Menge hinzufügen, massieren und 24 Stunden ruhen lassen.
Mit Glück ist das jetzt ein Sauerteig, mit Pech haben sich andere Kulturen schneller entwickelt und der Teig kann entsorgt werden.
Gelungener Sauerteig riecht säuerlich frisch.


Warum dieser Fütterungsprozess?

Weil die Triebkraft der Hefe nicht gleich ist wie die Bildung der Bakterienkulturen.
Würde alles auf einmal zum Gehen hingestellt werden, wären die Hefebakterien mit ihrer Arbeit fertig und die Kulturen noch nicht gebildet. Deshalb bekommen die Hefebakterien über den ganzen Zeitraum immer wieder was zum fressen.

Ja das ist richtig die Hefebakterien fressen uns den Teig weg. Das war einer der Gründe warum Backpulver erfunden wurde. Der Brotertrag aus 100 kg Mehl ist bei Backpulver höher als mit Hefeteigen.

Wie komme ich relativ sicher zu Sauerteig

Das Ziel bei Sauerteig ist dass Milchsäurebakterien und Hefen im Teig eine Freundschaft bilden der untergeordnet eine ganze Bakterienflora angehören.
Wenn Teig abgedeckt 12 Stunden an einem molligen warmen Platz steht, bilden sich Bakterien. Mit viel Glück auch die Richtigen.

Um den richtigen Bakterien an der Stelle zu helfen, geben manche etwas Hefe dazu oder etwas Milch oder eben einen Sauerteigansatz.
Damit haben die richtigen Bakterien im Teig einen Entwicklungsvorsprung und der Sauerteig sollte eigentlich gelingen.

Die Mischung aus Milchsaurebakterien, Hefen und Bakterienflora entscheidet über das Backverhalten, Brotkonsistenz und Geschmack.
Wer also eine perfekte Mischung aus Bakterien und Hefen gefunden hat, sollte immer etwas von dem Teig in einem lose abgedeckten Glas im Kühlschrank maximal 10 Tage für den nächsten Sauerteig aufheben oder eine Backupsicherung bei der Freundin etablieren.

Wenn ich schon einen Sauerteigansatz "Anstellgut" oder Hermann habe

Vom letzten erfolgreich produzierten Sauerteig sind dann ca.100g in einem Schraubglas im Kühlschrank (maximal 14 Tage alt).
Die lassen sich durch Zugabe von 50g Wasser und 50g Mehl der gleichen Sorte wie der Anstellteig hatte verdoppeln. Alles zusammenrühren und ca.6 Stunden stehen lassen.
Jetzt kann wieder verdoppelt werden mit Zugabe von 100g Mehl und 100g Wasser...
Bäcker treiben das bis zur 200 fachen Anstellmenge.
Nicht vergessen am Ende wieder 100g in ein Schraubglas packen als Anstellgut für das nächste Mal.


Alternativ kann auch ein Sauerteig durchgefüttert werden. Dabei wird nicht das ganze Anstellgut verwendet, sondern nur ein Teil. Mit dem Teil wird verfahren wie oben. Das Anstellgut kommt wieder in den Kühlschrank.
Damit das Anstellgut am Leben bleibt, muss es immer wieder gefüttert werden mit Mehl und Wasser. Nach dem Zumischen des Mehl und des Wassers, das Glas für 6 Stunden mit einem Tuch abgedeckt, ausserhalb des Kühlschranks lassen.


Probleme beim Sauerteig ansetzen

Freud und Leid der Hefen und Milchsäurebakterien

Milchsäurebakterien und Hefen sind so richtig fleissig bei 25-35 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit. Also bei schwerem Sommergewitterwetter verkürzen sich die Zeiten etwas.
Unter 25 Grad wird der Prozess sehr verlangsamt und über 40 Grad wird erst die Arbeit eingestellt, um dann bei höheren Temperaturen die "Null Bock" Phase dauerhaft zu erreichen.

Hefepilze benötigen Feuchtigkeit für Ihre Arbeit. Salz ist hygroskopisch, zieht also Wasser an. Der Hefe wird das Zellwasser entzogenen und sie wird nach einer gewissen Zeit absterben. Bei manchen Backverfahren ist das erwünscht, aber nicht beim Sauerteig. Also kein Salz in den Teig.

Probleme beim Sauerteig ansetzen

Die Luftfeuchtigkeit und Temperatur spielt eine große Rolle beim Entwickeln des Teigs. Vermutlich wird über die lange Zeit in der Küche auch noch gekocht, oder das Fenster hin und wieder geöffnet. Damit gibt es Zug, Temperaturänderungen und die Luftfeuchtigkeit schwankt auch. Wer einen geschützten Platz hat, der nicht zu kühl und ungestört ist, kann sich besser an eine gute Lösung heran testen. Gewitterwetter ändert auch sehr viel, weil sich dann in der Regel auch noch der Luftdruck stark ändert.

Ganz wichtig ist auch Reinlichkeit.
Der Sinn des Ganzen ist, dass der Teig später eine Hefekultur und Milchsäurebaktereien beinhaltet. Schlecht wären Fäulnisbakterien oder andere unerwünschte Keime die über Hände oder Kochgeräte in den Teig gelangen können.

Milchsäurebaktereien sind allgegenwärtig, dennoch mag es Räume geben in denen die Konzentration geringer ist. In diesen Räumen besteht die Gefahr dass sich andere Bakterien schneller entwickeln. Dann funktioniert der Sauerteig nicht.

Wenn es öfters schief geht kann auch eine kleine Zugabe von Honig, Joghurt oder Milch den Milcksäurebakterien zu einem besseren Start verhelfen.

Das Schöne am Sauerteig ist, wenn sich durch die Milchsäurebakterien schon etwas Milchsäure und Essigsäure gebildet hat, fühlen sich andere Bakterien in dem Milieu nicht mehr wohl.

Geht Sauerteig nur mit Roggenmehl?

Andersrum ist es richtig, Brot mit Roggenmehl gebacken, muss wegen der Stabilisierung der Backfähigkeit gesäuert werden.
Roggenmehl entwickelt weniger Gluten. deshalb ist das Netz auch nicht so stabil, so dass es bis zum Denaturieren und Verfestigen der Eiweiße oftmals zusammengebrochen ist. Das Ergebnis ist dann ein hohles Brot mit einigen Stellen die einem Fladenbrot entsprechen. Der Sauerteig stabilisiert das Netz bis der Backvorgang die Krume fixiert hat.

Sauerteig lässt sich auch mit Weizenmehl oder Dinkelmehl ansetzen.

Wobei Weizenmehl reichlich Klebereiweiß enthält. Damit wird sehr leicht ein gutes Glutennetz mit dem Kneten erreicht. Aber wer den Geschmack möchte, kann prima Weizenmehl nehmen. Vorteilhaft ist, dass Weizenmehl für Fehler am Sauerteig toleranter ist als Roggenmehl.

Kann Sauerteig unterschiedlich hergestellt werden?

Oben und bei den meisten Erklärungen wird die indirekte Teigführung beschrieben. Das bedeutet in mehreren Stufen oder Führungsarten.
Dabei sind keine zusätzlichen Hefen oder Teigsäuerungsmittel nötig.

Im Professionellen Bereich wird häufig wegen kontrollierterer Teigführung und geringerem Zeitaufwand die Einstufen-Sauerteigführung unter Zugabe von Säuerungsmitteln oder eine andere Führungsart angewendet.



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